Unterwegs zur Autonomie
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Unterwegs zur Autonomie
2020 beschlossen wir, mehr und mehr Verantwortung an das Team in Ikoma abzugeben. Dorthin, wo unsere Schule steht. Ab 2021 arbeiteten unsere Leute in Ikoma in Arbeitsgruppen. Jede Gruppe erstellte ein Jahresprogramm und dazu ein Budget. Beides reichten sie ein beim Verein Maendeleo in der Schweiz. In einer grossen gemeinsamen Sitzung wurden dann die Programme aller Arbeitsgruppen besprochen. Zwei Fragen standen für die Gruppen im Zentrum:
- Was wollen wir dieses Jahr umsetzen und
- was ist mit den vorhandenen Mitteln machbar.
Es war das erste Jahr, in dem wir auf einen Koordinator verzichteten. Der bisherige Koordinator arbeitete ehrenamtlich. Im Brotberuf war er angestellt von einer internationalen NGO. Er war oft wochenlang für seinen Arbeitgeber unterwegs und nicht erreichbar. So blieben Arbeiten liegen. Das führte dazu, dass die autoritätsgewohnten Leute in Ikoma es nicht wagten, z.B. anzusäen, obwohl es Zeit dafür war – weil das OK des Bosses fehlte.
Skype sei Dank
Die Resultate im letzten Jahr zeigen uns, dass der Systemwechsel richtig war. Sehr geholfen hat dabei das Internet. An jedem Monatsende halten wir jetzt eine Konferenz ab per Skype. Dass das funktioniert ist erstaunlich. In Ikoma gibt es kein öffentliches Strom-, aber ein Mobilfunknetz. Und so nehmen unsre Leute in Ikoma per Smartphon teil. Obligatorisch sind diese Konferenzen für die Gruppenchefs, meist nimmt allerdings das ganze Schulteam daran teil. Die Verbindung ist zwar stark wetterabhängig, trotzdem ist es fast jeden Monat gelungen, ein zwei- bis dreistündiges Gespräch zu führen.
Gemeinsame Konferenzen als Demokratieschulung
An der ersten Konferenz im Jahr 2022 konnten sich 4 Parteien zuschalten: Das Team in Ikoma, Nielsen, der Buchhalter in Goma, der Hauptstadt des Nordkivu, Bruno Fink war in Hüttwilen und Hansjörg Enz in Frauenfeld. Wie immer erzählte jede Gruppe von ihrer Arbeit im letzten Monat, gemeinsam suchten wir nach Lösungen für Probleme, besprachen die anstehenden Arbeiten.
Jede und jeder kann sich melden, und so wissen alle, was die andern machen. Diese Neuausrichtung hat eine ganz neue Dynamik in unsere Organisation gebracht. Seit alle Bescheid wissen, mitreden und mitbestimmen können, fühlen sie sich mehr verantwortlich für das Ganze. In den ersten Konferenzen sprachen noch vor allem der frühere Koordinator und die Direktorin im Namen der Gruppen. Das hatte auch damit zu tun, das nur sie ein Smartphon mit dem Skype-Programm besitzen. Ein anderer Grund: die kongolesische Gesellschaft ist sehr auf Hierarchie getrimmt. Wenn ein Chef da ist, dann redet er. In der Zwischenzeit ist es bei uns klar, dass das Smartphon weitergereicht wird und jede(r) sich einbringt. Man könnte vielleicht sagen, in unserer Organisation erhalten die Leute einen Begriff davon, was Demokratie sein könnte.
Die verschiedenen Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe Schule
Sie bestimmt, wie die Schule geführt wird, welche Bücher, welches Mobiliar angeschafft werden soll, was repariert werden muss. Die Leiterin dieser Gruppe ist die Direktorin Nabintu, vieles bespricht sie mit allen Lehrerinnen und Lehrern.
Arbeitsgruppe Agronomie
Nach dem Tod von Justin hat sich Lehrer François bereit erklärt, die Gruppe zu leiten, er war schon vorher sehr aktiv in der Gruppe. Sie bestimmt, was angebaut wird, sie organisiert Aussaat, Ernte und Verkauf der Produkte. Im letzten Jahr war das vor allem Zuckerrohr und Bohnen. In einigen Jahren können auch Bäume gefällt und das Holz verkauft werden.
Arbeitsgruppe Berufsausbildung
Seit bald zwei Jahren führt Aganze eine Schneiderei. Sie hat während eineinhalb Jahren 15 Absolventinnen unserer Schule ausgebildet, jetzt bildet sie zwei Schneider aus im Projekt www.swisscontact.org/de/projekte/promost. Ziel ist es, dass sie dieses Jahr zusammen mit Ausgebildeten ein Schneideratelier in einem Zimmer des Altbaus einrichtet, das ab 2023 etwas Gewinn abwirft für die Schule.
Von Dezember 21 bis Februar 22 fand im ehemaligen Stall eine Ausbildung für Fahrrad-Reparateure statt, auch ein Projekt von Swisscontact/Promost, begleitet von Fiston Maheshe, unserem früheren Koordinator. Eine Idee ist, dass Absolventinnen eine Werkstatt im Stall einrichten, die mittelfristig auch Mittel generiert für die Schule. (siehe Ausbildung Motorradreparatur)
Arbeitsgruppe Finanzen
Sie besteht aus Nielsen, dem Buchhalter, der in Goma wohnt. Er arbeitet eng zusammen mit Bruno Fink, unserm Chef der Finanzen in der Schweiz. Nielsen versteht sein Geschäft, ist sehr zuverlässig, hinterfragt die Ausgaben, verlangt Belege. Er ist neben der Direktorin die wohl wichtigste Person in der Organisation vor Ort geworden. Nielsen arbeitet in seinem Brotberuf als Koordinator der holländischen Organisation www.labenevolencija.org
Arbeitsgruppe Bau
Sie wird geleitet von Bertin Mungombe. Er hat Wirtschaft studiert und arbeitet seit Jahren als freier Kameramann. Er ist der Mann, der 21/22 die grossen Bauarbeiten begleitet. Zu seiner Arbeitsgruppe gehört die Direktorin und ein Vertreter der Baufirma Bâtisse d’Avenir. Bertin ist sehr stark im Austausch mit uns in der Schweiz.
Arbeitsgruppe Weiterentwicklung
Diese Arbeitsgruppe besteht neu aus den LeiterInnen der Arbeitsgruppen, dazu kommt Sosthène Birali, der Mitbegründer der Fondation Milondola und Fiston Maheshe, dem früheren Koordinator.
Die Gruppe hat die Aufgabe Kontakte zu halten zu Behörden, das Projekt zu repräsentieren und Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Wichtiges Thema dieses Jahr ist die Revision der Statuten.