M23 marschiert in Bukavu ein
Published by Hansjörg Enz on
Dienstag, 18. Februar: M23 Truppen in Ikoma
Erst gestern erhielten wir Nachrichten von Nabintu, der Schulleiterin in Bukavu. Sie schrieb:
Die Verbindung war kompliziert, weshalb ich Eure SMS nicht früher beantworten konnte.
Gestern Montag haben die M23 Truppen in Ikoma stationiert. Mein Nachbar sagte mir, sein Bruder wisse, dass Soldaten der M23 nach Unterkunft gefragt hätten.
Was die Bildung betrifft: alle Schulen bleiben geschlossen.
Wir warten auf Informationen der Verwaltung dieser neuen Behörde.
Montag, 17. Februar: Ruhe in Bukavu nach Einmarsch der M23
Auszüge aus dem Gespräch mit einer unsrer Quellen im Süd-Kivu. Aufgrund der unklaren Lage in der Region nennen wir keine Namen unsrer Quellen.
Hansjörg Enz: Wie ist die Situation in Bukavu?
xx: Bukavu ist ruhig. Alle Geschäfte und Schulen sind geschlossen, auch die Verwaltung arbeitet nicht. Probleme bereiten Jugendliche. Sie haben Gewehre aus den Depots geholt, die die kongolesische Armee hinterlassen hat bei ihrem Abzug aus der Stadt. Damit plündern die «enfants» in grossem Stil, besonders attraktiv sind für sie Geschäfte für Smartphones .
HE: Was hört ihr von der M23?
xx: Die M23 hat uns angewiesen zu Hause zu bleiben und auf weitere Anordnungen zu warten. Wahrscheinlich wird sie – wie in Goma – einen neuen Gouverneur, einen neuen Stadtpräsidenten, neue Bürgermeister in den Quartieren einsetzen.
HE: Hast du eine Ahnung, wie viele M23 Soldaten in Bukavu sind?
xx: Viele, sie patrouillieren in den Strassen. Sie reden untereinander rwandisch. Es kann sich also um Banyamulenge handeln, die im 19. Jahrhundert in den Kongo eingewandert sind. Aber es sind so viele, dass sicher Soldaten aus Rwanda dabei sein müssen. Ein Teil der M23 ist aber bereits weitergezogen, Richtung «Escarpement».
HE: Das Escarpement ist der Übergang durch die Berge in die Ruzizi-Ebene, diese Strasse bin ich oft gefahren. In der Ebene könnten sie auf Soldaten aus Burundi treffen. Burundi unterstützt nach UNO-Angaben die kongolesische Armee mit 10 000 Soldaten. Was denkst du, wie geht das jetzt weiter?
xx: Burundische Soldaten kämpften schon gegen die M23 in Goma. Wie’s weitergeht? Abwarten, was die internationale Gemeinschaft macht.
HE: Ich glaube gar nichts, ausser Sitzungen und Communiqués. Die Welt ist mit anderem beschäftigt, mit Trump, der Ukraine. In den Europäischen Medien ist der Krieg im Kongo kaum Thema, Radio DRS berichtete heute Morgen von Kämpfen im Süd-Sudan, die Einnahme Bukavus kein Thema.
M23 schlägt Friedensgespräche mit Kongos Regiereung
Lesetipp: Laut New Times hat die M23 am Sonntag die kongolesische Regierung zu Friedens-Gesprächen eingeladen. Kongos Präsident Tshisekedi hat abgelehnt, mit den Rebellen zu reden «überschreite ein rote Linie».
Sonntag,16. Februar: M23 marschiert ein in Bukavu

„Die letzten zwei Tage in Bukavu waren nicht einfach, viele Plünderungen und viele Schiessereien. Heute Morgen sind die M23 von allen Seiten in Bukavu einmarschiert. Sie sind diszipliniert und wir hoffen, dass das „normale“ Leben wieder eintrifft,“ schrieb mir heute ein guter Bekannter aus Bukavu.
Die M23 stiess beim Einmarsch auf keinen Widerstand der kongolesischen Armee. Die Soldaten und Offiziere hatten Bukavu gestern verlassen, zusammen mit vielen „wichtigen“ Personen, unter anderen dem Gouverneur des Süd-Kivu. Die offizielle Erklärung war, man habe damit ein Blutbad verhindern wollten wie in Goma. Ende Januar eroberte die M23 Goma, die Hauptstadt des Nord-Kivu. Laut UNO sind dabei 3000 Menschen getötet worden. Das Chaos nutzten Jugendbanden, aber auch Desertiere der kongolesischen Armee um Geschäfte zu plündern. Dies erzählte mir einer unserer früheren Mitarbeiter in Goma.
Geplündert wurde auch in Bukavu. Die Menschen auf dem Bild unten tragen Säcke voll Getreide weg. Laut UNO stammt es Lagerhäusern, in denen die UNO 7000 Tonnen Lebensmittel lagert für Bedürftige. Eine der ersten Firmen, die geplündert wurde, war die Brauerei Bralima, eine Firma des Heineken-Konzerns.

Freitag, 14. Februar: M23 erobert Flughafen Bukavu
Freitag,14. Februar. Die Ereignisse überschlagen sich im Osten des Kongo. Heute Freitag, 14. Februar, hat die hochgerüstete Rebellen-Armee M23 den Flughafen Bukavu eingenommen, der etwa 27 Kilometer ausserhalb der Stadt liegt. Um 16 Uhr erreichte ich Bertin, unsern Gewährsmann in Bukavu in einer brenzligen Lage: „Ich stehe im im Stau, Soldaten der FARDC, der kongolesischen Armee, versuchen unsere Autos zu kapern, um damit vor den anrückenden M23-Kämpfern zu fliehen.“ Er versprach sich wieder zu melden, hat es bisher nicht getan.
Dass die kongolesische Armee FARDC keine Chance hat gegen die M23, die von Tausenden gut ausgebildeten Soldaten aus Rwanda unterstützt wird, zeigte sich Ende Januar in Goma. Innert weniger Tage nahm die M23 die Hauptstadt des Nord-Kivu, ein. Dabei sollen 3000 Menschen ihre Leben verloren haben. N
Am Mittwoch konnte ich mit Nielsen reden, er war Buchhalter unsrer Partnerorganisation Maendeleo Pamoja, bevor er nach Goma zog. Er sagte: „Noch immer hören wir nachts Schüsse, Jugendbanden und desertierte kongolesische Soldaten plündern unsere Häuser. Die Banken sind geschlossen, ohne Geld können wir keine Lebensmittel kaufen.“
Wie geht es weiter? Bukavu wird vielleicht schon am Wochenende fallen, und danach? Die Gefahr besteht, dass der Krieg sich ausweitet. Die kongolesischen Truppen fliehen in die Ruzizi-Ebene, Richtung Uvira. Wenn die M23 ihnen folgt, kann es zu Gefechten mit burundischen Soldaten kommen, die dort stationiert sind, um die kongolesische Armee zu unterstützen. Der Vormarsch der M23 könnte zu einem regionalen Krieg führen.
Und was ist das Ziel der M23? Ihr Chef, Corneille Ganga, sagte nach der Einnahme Gomas, er werde bis in die Hauptstadt Kinshasa marschieren. Dies hat schon einmal jemand geschafft: 1997 marschierte Laurent-Désire Kabila mit seiner Truppe die 2000 Kilometer vom Südkivu nach Kinshasa. Er wurde Staatschef bis er 2001 von einem Mitglied seiner Leibgarde ermordet wurde.